Im zugrunde liegenden Fall hatte ein Ehepaar, dessen Wohnung im obersten Stock gelegen war, einen Hund der Rasse Dobermann. Die Wohnungseigentümergemeinschaft hatte vor Anschaffung des Hundes per Mehrheitsbeschluss eine Hausordnung verabschiedet, in der es unter Ziffer 4 den Wohnungseigentümern und Mietern des Hauses verboten wird, Haustiere zu halten.
Das Oberlandesgericht Saarbrücken führte aus, dass der Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft hinsichtlich des generellen Haustierhaltungsverbot nichtig sei. Die Nichtigkeit ergebe sich aus § 134 BGB i.V.m. § 13 Abs. 1 WEG. Nach § 13 Abs. 1 WEG könne jeder Wohnungseigentümer, soweit nicht das Gesetz oder Rechte Dritter entgegenstünden, mit seinen im Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nach Belieben verfahren.

Der zulässige Gebrauch finde seine Grenzen gemäß § 14 Nr. 1 WEG erst dort, wo die anderen Miteigentümer in ihrer Nutzung von Sonder- oder Gemeinschaftseigentum mehr als in unvermeidlichem Umfang beeinträchtigt werden. Der Wohnungseigentümer sei danach verpflichtet, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen lediglich in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwachse.

Zu den herkömmlichen soziokulturellen Vorstellungen im Geltungsbereich des WEG gehöre die Haustierhaltung jedenfalls dann, wenn mit ihr keinerlei Nachteile für die anderen Wohnungseigentümer verbunden sei. Damit gehöre sie zum Wesensgehalt des Sondereigentums, das auch unter dem die Auslegung der zivilrechtlichen Vorschriften beeinflussenden Schutz des Art. 14 Abs. 1 GG stehe. Sie gehöre ferner zu der durch Art. 2 Abs. 1 GG geschützten freien Entfaltung der Persönlichkeit, weshalb ein absolutes Verbot jeglicher Haustierhaltung durch Wohnungseigentümer ausgeschlossen sei.

Ein generelles Tierhaltungsverbot sei vor diesem Hintergrund zugleich unverhältnismäßig, weil es auch Tiere umfasse, von denen keinerlei Beeinträchtigung oder Gefährdungen zu befürchten seien, weil sie den Bereich des Sondereigentums schon nicht verlassen und von ihnen weder Geräusch- noch Geruchsbelästigungen ausgehen können (Zierfische, Kanarienvögel, Schildkröten). Ein solches Verbot sei auch deshalb unverhältnismäßig, weil andere Mittel der Hausordnung zur Verfügung stünden, um Belästigungen jedenfalls zu mindern, beispielsweise eine art- oder zahlenmäßige Einschränkung der Haustierhaltung. Ein unterschiedsloses Verbot sei daher materiell rechtswidrig (§134 BGB, §§ 13 Abs. 1, 15 Abs. 2 WEG) und damit nichtig.

Oberlandesgericht Saarbrücken
Datum: 02.10.2006
5 W 154/06 – 51

Helmut Hartung

Rechtsanwalt

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