Ein Vater kann seinem Sohn selbst bei einer gegen ihn von seinem Sohn verübten Vermögensstraftat nur bei Vorliegen besonderer Umstände den gesetzlichen Pflichtteil entziehen. Dies hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden. Das Gericht hat damit der Berufung des Sohnes gegen ein anderslautendes Urteil des Landgerichts Bochum in einem mit seiner Schwester geführten Prozess stattgegeben.

Im Fall hatte der Vater in seinem Testament dem Sohn den Pflichtteil entzogen, weil er meinte, der Sohn habe einen dem Vater zustehenden Betrag in Höhe von 27.000,- DM veruntreut. Das Gericht erklärte die Entziehung des Pflichtteils für unwirksam.
Nach dem Gesetz könne zwar der Erblasser einem Abkömmling den Pflichtteil entziehen, wenn der Abkömmling sich eines Verbrechens oder eines schweren vorsätzlichen Vergehens gegen den Erblasser oder dessen Ehegatten schuldig gemacht habe (§ 2333 Nr. 3 BGB).

Ob ein schweres Vergehen vorliegt, beurteile sich allerdings nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach dem Grad des sittlichen Verschuldens. Verfehlungen gegen das Eigentum oder das Vermögen des Erblassers berechtigten hierbei nur dann zur Entziehung des Pflichtteils, wenn sie nach ihrer Natur und ihrer Begehungsweise eine grobe Missachtung des Eltern-Kind-Verhältnisses darstellen und deswegen eine schwere Kränkung des Erblassers bedeuten.

Unter Beachtung dieser Grundsätze sei vorliegend zugunsten des Klägers seine desolate wirtschaftliche Situation sowie der Umstand zu berücksichtigen, dass der Kläger das Geld alsbald an seinen Vater zurückzahlen wollte, so dass im Ergebnis ein zur Entziehung des Pflichtteils berechtigender Grund nicht gegeben war, führte das Gericht aus.

Oberlandesgericht Hamm
22.02.2007
10 U 111/06

Helmut Hartung

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